Wir, das sind mindestens zwei aus unserem Team von fünf Erzieherinnen, treffen uns jeden Morgen um 8:00 Uhr am Hochbehälter Breiter Weg im Hardtwald. Dieser befindet sich von der Straßenecke "Am Pilgerrain"/"Am Baumgarten" noch ca. 250 m den rechten geteerten Waldweg hinauf. Dort erwarten wir unsere ca. 20 Waldkinder im Alter von drei bis sechs Jahren.
Alle Kinder sind mit wetterfester Kleidung und Rucksäcken, in denen sich Isomatte, ein nasser Waschlappen, Frühstück und Trinkflasche befinden, ausgestattet. Wir Erzieherinnen tragen in unseren Rucksäcken Erste-Hilfe-Taschen, Handys, Bestimmungsbücher, Ersatzkleidung, Schüsseln, Seile, Werkzeug, Hängematte und andere Materialien je nach Bedarf und Jahreszeit. Bei anhaltendem und starkem Regen nehmen wir außerdem eine Regenplane mit.
Schnell wird unser Treffpunkt erobert. Gerne machen die Kinder Nachlaufspiele auf dem Weg und um das Pumpwerk herum oder sie gehen im nahegelegenen Waldbereich auf Entdeckungstour und entwickeln mit dem vorhandenen Waldmaterial individuelle und fantasievolle Spielideen. Während die Kinder erste Kontakte aufnehmen und überlegen, wer mit wem was spielt, haben wir Erwachsenen die Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch zwischen „Eiche und Buche“.
Um 8:30 Uhr ertönt der Ruf „Eins-zwei-drei, kommt herbei!“ Nun treffen wir uns alle im Morgenkreis. Unser gemeinsamer Waldtag beginnt! Wir begrüßen uns jeden Tag mit dem Lied: „Guten Morgen, liebe Sonne“ und winken uns im Anschluss herzlich zu. Nun zählt ein Kind die Kinder im Kreis, damit wir herausfinden, wie viele Kinder heute fehlen und wer das wohl ist. Gemeinsam wählen wir den Spielort aus. Die Auswahl des Spielortes ist wetter- und themenabhängig. Viele Plätze stehen zur Auswahl. Jeden Tag wird ein anderer Platz aus Gründen des Waldschutzes besucht. Bei Sturmböen (die der örtliche Wetterdienst als bedenklich einstuft) besuchen wir Spielplätze im Wohngebiet und am Feld und bei Orkanböen (wegen der Astabbruchgefahr manchmal auch noch einige Tage im Anschluss) meiden wir den Wald komplett. Anschließend singen wir das „Hallo-Lied“ im Morgenkreis, bei dem jedes Kind mit seinem Namen freudig begrüßt wird. Dann singen wir noch weitere Lieder, spielen ein Finger- oder Kreisspiel. Diese ergeben sich aus den aktuellen Themen der Gruppe und den Jahreszeiten und verändern sich entsprechend.
Nun setzen alle ihre Rucksäcke auf und wir machen uns auf den Weg. Auf diesem Weg, der unterschiedlich lang ist, kommen wir langsam voran, da es viel zu entdecken gibt: Zum Beispiel eine Nacktschnecke, die über den Weg kriecht; ein Buschwindröschen, das seine Blüte der Sonne entgegenstreckt oder ein Baumstamm, der zum Balancieren einlädt. Neben Wettrennen, die von den Kindern durchgeführt werden, ist dies auch die Zeit, in der viele Gespräche innerhalb der Gruppe stattfinden.
An unserem Waldspielort angekommen, stellen sich die Kinder in einem Kreis auf und setzen ihre Rucksäcke ab. Hin und wieder machen wir jetzt eine „Stille-Zeit“: Die Kinder schließen für zwei bis drei Minuten ihre Augen und horchen in den Wald hinein. Im Anschluss erzählen wir uns, was wir gehört haben. Dies ist eine Zeit zum Innehalten und ruhig werden nach dem bewegungsreichen Hinweg. Die Kinder lernen akustische Veränderungen und Vielfalt wahrzunehmen, zu unterscheiden und zu verbalisieren.
Danach startet die erste Freispielzeit, in der die Kinder ohne die mitgebrachten Materialien spielen. Die Kinder verteilen sich in verblüffender Geschwindigkeit in alle Himmelsrichtungen, aber immer in Sicht- und Hörweite der Erzieherinnen.
Pünktlich um 10:00 Uhr knurren die ersten Kindermägen und der allbekannte Ruf erklingt im Wald: „Eins zwei-drei, kommt herbei!“ Die Frühstückszeit beginnt. Alle Kinder packen ihre Sitzmatten aus, setzen sich darauf, waschen sich ihre Hände mit ihren feuchten Waschlappen und wünschen sich einen „Guten Appetit“ mit dem Tischspruch: „Erde, die uns dies gebracht“. In Gespräche vertieft verspeisen die Kinder ihr gesundes, zuckerfreies Frühstück. Wenn die ersten drei Kinder mit Frühstücken fertig sind, können sie leise einpacken und spielen gehen. Die Restgruppe frühstückt in Ruhe weiter.
In der zweiten Freispielzeit besteht für alle die Möglichkeit, sich Materialien auszuleihen. Viele verschiedene Spielgruppen bilden sich, die untereinander Kontakt halten. Beispielsweise haben sich an der Wurzel vier Kinder getroffen, die zusammen Dinosaurier spielen; ein Stück weiter entfernt wird hinter einem Busch eine Zirkusvorstellung vorbereitet; an dem Baumstamm sind „Vater“ und „Mutter-Löwe“ dabei, ihr „Baby-Löwe“ zu füttern und zu versorgen. Viele intensive, fantasievolle und kreative Spielideen entstehen, die auch andere Kinder interessieren. So ist ein reger Austausch zwischen den Gruppen gegeben. Es finden in dieser Zeit auch angeleitete Aktivitäten statt, wie zum Beispiel: Malen mit Wasserfarben oder Buntstiften, Seilspringen, Schnitzen, Gruppenspiele und die wöchentlich stattfindende Forschergruppe, die von einer Erzieherin betreut wird.
Gegen 12 Uhr beendet die Geschichtenzeit die Freispielzeit. Alle Kinder setzen sich auf ihre Rucksäcke, dem Alter entsprechend in Reihen, und hören gespannt einer mitgebrachten Geschichte zu. Wir lesen aus ausgewählten Bilderbüchern oder Märchenbüchern in einem wöchentlichen Rhythmus, um dem Bedürfnis nach Wiederholung, welches im Kindergartenalter sehr hoch ist, zu entsprechen. Manche Märchen und Geschichten eignen sich hervorragend zum Nachspielen. Dann sprechen die Kinder bereits beim Vorlesen den Text mit. Entweder schlüpfen die Kinder selbst in die Rollen der Figuren oder wir bieten Filzfiguren an oder wir gestalten aus Naturmaterialien die Figuren und Kulissenteile.
Der Kindergartenvormittag im Wald neigt sich dem Ende zu. Alle Kinder setzen ihren Rucksack auf und wir laufen zügig zum Waldrand am Pilgerrain zurück. Dort stellen sich die Kinder in Zweierreihen auf und wir laufen (ein älteres Kind nimmt ein jüngeres an die Hand) durch das Wohngebiet zu unserer Wohnung, dem „Kobel“. In unserem Vorgarten können wir in unserem Sitzkreis noch etwas besprechen oder ein Fingerspiel machen und wir singen unser Abschlusslied. Dort werden die Kinder, die nicht mitessen, um 13:00 Uhr von ihren Eltern abgeholt.
Die Kinder, die an diesem Tag zum Mittagessen angemeldet sind, gehen in den Kobel. Im Keller hat jedes Kind seinen eigenen Garderobenplatz. Dort ziehen sich die Waldkinder möglichst selbstständig ihre Jacken, Mützen und Schuhe aus. Danach gehen alle auf unsere Kindertoilette und waschen sich ihre Hände gründlich mit Seife. Anschließend decken wir den Tisch, jedes Kind sucht sich einen Platz am Tisch und wir wünschen uns einen „Guten Appetit“ mit einem Tischspruch, bevor wir unser warmes Mittagessen gemein sam genießen. Das Essen wird von einem Catering-Service geliefert, welcher uns zweimal die Woche ein Fleischgericht, zweimal ein vegetarisches Gericht und einmal ein Fischgericht zubereitet. Die Nachspeise besteht meistens aus Obst und einmal aus einem Fruchtquark oder einer Puddingvariante. Nach dem Essen können die Kinder am Tisch malen, schneiden, mit Knete arbeiten, puzzeln oder ein Tischspiel ausprobieren. Unseren Spielteppich nutzen sie zum Bauen. Mit den Tischen, Stühlen, Decken und Kissen konstruieren sie gerne ihren eigenen Bereich, dort steht dann, wie im Wald, Rollenspiel im Vordergrund. Auf dem gemütlichen Sofa können sie Bilderbücher anschauen. Gerne lesen wir ihnen dort eine Geschichte vor. Um 15 Uhr endet der Kindergartennachmittag.
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